Ein Dach über dem Kopf, Nahrung, Kleidung und die Chance, wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen – aber vor allem Menschenwürde - das vermitteln die Mitarbeitenden des Caritas-Förderzentrums St. Martin wohnsitzlosen Männern seit 50 Jahren, und seit einem Jahr auch Frauen ohne festen Wohnsitz. Dieser vielfältige Dienst wurde jetzt bei einer Festveranstaltung anlässlich des 50jährigen Bestehens von St. Martin von vielen Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Kirche und Gesellschaft hervorgehoben.
Zum Jubiläum eine Spende vom Förderverein: Vorsitzender Rainer Fabian (links)
und die zweite Vorsitzende Ilse Kowalzik überreichen Einrichtungsleiter Stefan
Syren einen symbolischen Scheck über 10.000 Euro.
Wenn Einrichtungsleiter Stefan Syren an die vergangenen 50 Jahre denkt, dann sind ihm vor allem vier Themen wichtig: zunächst die Standortsuche. Das Haus am Unteren Rheinufer ist für ihn nach wie vor ein Provisorium. Die Männer leben hier vielfach in Doppelzimmern und sehr beengt. Syren erinnert sich aber auch daran, dass die Suche nach diesem Standort drei lange Jahre gedauert hatte, und dass offensichtlich St. Martin und die Bewohner nicht überall willkommen sind.
Am Herzen liegt ihm das Frauenprojekt, das vor einem Jahr startete. Es bietet fünf Frauen die Perspektive, wieder in eigenen Wohnraum zu kommen und ihr Leben neu in den Griff zu bekommen. Es ist ein Modellprojekt, begrenzt bis Mai 2019, und Syren nutzt jede Gelegenheit dafür zu werben, dass es darüber hinaus bestehen bleibt.
Dankbar ist er denFrauen, die auf dem Ludwigshafener Hauptfriedhof die Gräber wohnsitzloser Männer pflegen. „Das ist ein tolles Engagement, die Männer erhalten so ihre Würde zurück.“
Und schließlich nennt er die „Freunde und Förderer“, sein Lieblingsprojekt. 2006 gegründet, zählt der Förderverein inzwischen rund 120 Mitglieder und unterstützt das Haus finanziell und ideell. Zum Abschluss des Festakts überreichte Vorsitzender Rainer Fabian einen Scheck über 10.000 Euro. Damit soll das Café Kniffel renoviert werden, ein Container, der von den Bewohnern in Eigenregie geführt wird und eine willkommene Abwechslung in ihrem Alltagsleben darstellt.
Würdigte die Arbeit von St. Martin für wohnsitzlose Menschen: Oberbürgermeisterin Eva Lohse überbrachte Leiter Stefan Syren ihre Glückwünsche zum Jubiläum.
Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse lobte den Leiter und die Mitarbeitenden von St. Martin. Sie hätten „unzählige Menschen aufgefangen und ihnen eine Rückkehr in ein gutes Leben ermöglicht.“ Sie nahm Bezug auf den Namenspatron St. Martin: „Er berührt unser Herz und stellt wichtige Fragen: Warum gibt es Armut, und wie gehen wir damit um?“ So schärfe er den Blick für echte Notlagen in der Gesellschaft und fordere auf, kluge Antworten zu suchen.
In der Andacht stellte der Vorsitzende des Caritasverbandes für die Diözese Speyer Domkapitular Karl-Ludwig Hundemer eine bittere Klage in einem Psalm der Offenbarung in der Bibel von der Gottesstadt gegenüber. Er erklärte, dass das Leben eines jeden Einzelnen in Gottes Hand liege; aber ohne die Vision eines guten Lebens gäbe es Einrichtungen wie St. Martin nicht. Ihr Handeln sei getragen vom Glauben an Jesus Christus. Auch Domkapitular Hundemer betonte, dass die Arbeit in St. Martin mehr schenke als eine Notunterkunft – nämlich Anerkennung, neues Selbstbewusstsein und die unveränderliche Würde eines jeden Menschen.
Stellten die Einrichtung vor: Das Team vom Caritas-Förderzentrum St. Martin.
Mitarbeitende von St. Martin stellten die verschiedenen Bereiche der Einrichtung vor. Da gibt es zunächst drei Betten für Notübernachtung, zudem 24 Plätze mit dem Ziel der Resozialisierung der Männer und acht Plätze in der Langzeithilfe für diejenigen, die voraussichtlich nicht mehr den Weg in ein selbstständiges Leben mit eigener Wohnung bewältigen werden. In fünf Beschäftigungsbereichen gelingt es, den Männern eine Tagesstruktur zu bieten. Das sind die Holzwerkstatt „Kleiner Martin“, Aufgaben im Bereich Hauswirtschaft, die Pflege der Außenanlagen, die Fahrradwerkstatt und das bereits angesprochene Café Kniffel.
Hob die professionelle Hilfe von St. Martin in seinem Grußwort hervor:Dekan Alban Meißner vom Dekanat Ludwigshafen.
Dekan Alban Meißner brachte in seinem Grußwort zum Ausdruck, wie wichtig die Verbindung zwischen den Kirchengemeinden und einer professionellen Einrichtung wie St. Martin in Ludwigshafen ist. Früher, erinnerte er, gab es 17 Pfarrhäuser mit Pfarrern und Pfarrhaushälterinnen. Durchreisende erhielten hier ein Essen und weitere Hilfen. „Heute gibt es keine Haushälterinnen mehr und viel weniger Pfarrer, und zum Glück wird den Menschen viel professioneller geholfen“, hob der katholische Stadtdekan hervor. Ihm ist auch wichtig, dass Ehrenamtliche und „Profis“ gemeinsam im Sozialraum Stadt für hilfsbedürftige Menschen da sind. Schließlich nannte auch Sabine Pfirrmann, Geschäftsführerin der ökumenischen Sozialstation, den Dienst von St. Martin „unbezahlbar“.
Mit Blick auf die zahlreichen Gratulanten war es Stefan Syren wichtig, auf das gute Netzwerk in der Stadt hinzuweisen. Ohne sie, so seine Überzeugung, wäre die Arbeit nicht zu leisten.
Die Überraschung des Tages hielt der Leiter bis zum Ende zurück: Während der Festakt von Musikern der Staatsphilharmonie gestaltet wurde – die Finanzierung war ebenfalls eine Spende – gehörte die Aufmerksamkeit am Schluss Steffen Wolfgang Then. Der Bewohner von St. Martin schreibt Gedichte und hatte eines speziell auf St. Martin geschrieben. Es trägt den Titel „Unsere Heimat“ und wurde mit einem riesigen Applaus bedacht.